Copyright: Andi Weiland | Gesellschaftsbilder.de
Stand: Juli 2022
Eine wichtige Änderung, die mit dem neuen Schulgesetz einhergeht, ist die Abschaffung
des sogenannten AO-SF-Verfahrens.
Trotzdem ist es natürlich auch weiterhin nötig, einen Förderbedarf auch offiziell
festzustellen, damit die nötigen Förderstunden und sonstigen Ressourcen (wie spärlich
auch immer :-( ... ) bereitgestellt werden.
Zuständig für das Verfahren und die Entscheidung ist die Schulaufsichtsbehörde* des
Wohnortes.
Ein solches Verfahren kann auf zwei Wegen beantragt werden:
1. Durch die Eltern
Wissen die Eltern von einer Behinderung oder Entwicklungsstörung ihres Kindes,
können sie über die Schule bei der Schulaufsichtsbehörde einen „Antrag auf
Eröffnung des Verfahrens zur Feststellung des Bedarfs an sonderpädagogischer
Unterstützung“ stellen.
Dies ist auch bereits bei der Anmeldung für die erste Klasse möglich.
Soll das Kind an einer Förderschule angemeldet werden, ist ein solchen Verfahren in jedem Fall notwendig.
Soll das Kind an eine Regelschule und hat eine Einschränkung
Es gibt immer noch Schulen ohne Gemeinsames Lernen. Durch die geänderte Landespolitik wird ihre Zahl eher steigen als sinken. Sollte Ihr Kind an einer solchen Schule sein, besteht die Möglichkeit, dass durch Beantragung eines Förderschwerpunktes ein Schulwechsel ausgelöst wird!
Sollte sich die Förderung im Laufe der Zeit als nicht mehr notwendig erweisen, ist es jederzeit
möglich, alle Förderschwerpunkte wieder abzulegen.
2. Durch die Schule
Diese Möglichkeit wurde durch das neue Gesetz stark eingeschränkt und besteht
im Grunde nur noch aus einer Aneinanderreihung von Ausnahmefällen. Die Schule
kann den Antrag stellen, wenn:
1. eine starke Beeinträchtigung dazu führt, dass das Kind nicht zielgleich
unterrichtet werden kann.
2. eine Beeinträchtigung im Bereich der emotionalen und sozialen Entwicklung zu
einer Selbst- oder Fremdgefährdung führt.
3. Vermutet die Schule einen Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung im
Förderschwerpunkt „Lernen“, darf sie den Antrag erst stellen, wenn das Kind im
dritten Jahr die Schuleingangsphase besucht.
Nach Abschluss der Klasse 6 kann er gar nicht mehr gestellt werden.
Besucht das Kind schon eine Schule mit Gemeinsamem Lernen - insbesondere eine gute - , wird es auch vor Anerkennung eines Förderbedarfs schon individuell gefördert. Der fühlbare Unterschied besteht aber darin, dass es mit Förderschwerpunkt "Lernen" nicht mehr vergleichende Noten bekommt, sondern individuell, pädagogisch benotet wird - ein riesen Unterschied insbesondere für eine bis dahin womöglich am Boden liegende Motivation.
Deswegen ist es uns ein Anliegen, Sie als Eltern für diesen Umstand zu sensibilisieren, denn Sie können immer einen Antrag stellen!
4. Nach Klasse 6 kann ein Verfahren im Förderschwerpunkt „Lernen“ (wie gesagt)
nicht mehr und in allen anderen Förderschwerpunkten nur noch in seltenen
Ausnahmefällen durch die Schule eröffnet werden.
In allen Fällen muss die Schule:
1. vorab die Eltern informieren
2. belegen, dass sie all ihre Fördermöglichkeiten ausgeschöpft hat
3. wesentliche Gründe anführen.
Eltern haben nicht das Recht, die Durchführung des Verfahrens zu verhindern.
Der Ablauf des Verfahrens nach dem Antrag
Die Schulaufsichtsbehörde* beauftragt eine SonderpädagogIn und eine RegelschullehrerIn (in der Regel die KlassenlehrerIn), ein gemeinsames Gutachten zu erstellen. In diesem sollen Art und Umfang der
notwendigen Förderung dargestellt werden.
Dazu wird das Kind getestet und beobachtet. In vielen Fällen wird zusätzlich eine schulärztliche Untersuchung durchgeführt. Auch die Eltern werden nach ihrer Einschätzung befragt ebenso wie eventuell andere Fachkräfte.
Das Ergebnis (und natürlich auch die Durchführung) wird mit den Eltern besprochen.
Bevor die Schulaufsichtsbehörde auf der Basis dieses (und manchmal möglicher weiterer)
Gutachten eine Entscheidung fällt, lädt sie die Eltern zu einem Gespräch ein. Die Behörde
informiert dort über die beabsichtigte Entscheidung und hört sich die Position der Eltern
an. Ziel ist ausdrücklich, Einvernehmen herzustellen, sowohl was den Förderbedarf als
auch was den Förderort angeht. Man darf sich zu diesem Gespräch Unterstützung
mitbringen, eine Hilfe, die wir Ihnen gerne anbieten.
Aber letztlich ist es die Schulaufsicht, die entscheidet über:
– den Förderbedarf
– den Hauptförderschwerpunkt
– mögliche weitere Förderschwerpunkte
– mögliche zieldifferente Förderung
– den Förderort (es können auch mehrere zur Auswahl sein)
Dieser kann (quasi) keine Förderschule sein, wenn die Eltern ausdrücklich inklusive
Beschulung gewünscht haben. (Dass die Gesetzgebung hier noch Ausnahmen
zulässt, ist einer unserer Kritikpunkte am neuen Schulgesetz.)
Bei zielgleicher Förderung haben die Eltern das Recht, die Schulform zu
bestimmen.
Im schriftlichen Bescheid informiert die Behörde über das Ergebnis und schlägt (sollte ein Förderschwerpunkt festgelegt worden sein,) zwei Schulen vor: eine Regelschule mit Gemeinsamem Lernen und eine Förderschule entsprechend des festgelegten Hauptförderschwerpunkts.
Von nun an wird der sonderpädagogische Förderbedarf einmal jährlich durch die Sonderpädagogin überprüft.
Sollten Sie sich für genauere Details interessieren finden Sie hier einen Link zum
Gesetzestext: https://recht.nrw.de/lmi/owa/br_bes_text?anw_nr=2&gld_nr=2&ugl_nr=223&bes_id=7587&aufgehoben=N&menu=1&sg=0#det321459
Für Fragen, Austausch oder weitere Hilfestellungen stehen wir gerne zur Verfügung.
* Für die Aachener Grund-, Haupt- und Förderschulen ist das das Schulamt der StädteRegion, für Gesamt-, Sekundar- und Realschulen sowie für Gymnasien ist es die Bezirksregierung.